Geschichte Hormontherapie

Geschichte Hormontherapie

Die Geschichte der Hormontherapie zeichnet viele Auf und Abs.
Lange Zeit galt die Hormon-Ersatztherapie als die neue Wunderwaffe gegen die negativen Anzeichen des Alterungsprozesses. Ein wahrer Jungbrunnen sollte solle sie sein und den Frauen zu neuer Lebensqualität verhelfen.

Am Anfang war die Vermutung, dass dem Körper etwas fehlt, wenn die Frau in die Jahre kommt – die Wechseljahre wurden behandelt wie eine Krankheit.

Die Grundannahme war, dass das Östrogen die Frau jung, schön, geschmeidig und sexy erhält. Im Alter nimmt das Östrogen ab, der Körper der Frau beginnt zu welken, auch die geistige Vitalität lässt nach. Eine alte Frau ohne Hormone wurde als beschädigt, als Wrack empfunden.

Zitat aus einem medizinischen Vortrag, der die Nutzen einer lebenslangen Hormontherapie untermauern sollte (Bild einer leicht gebückt gehenden, unattraktiven Frau mit altmodischem Handtäschchen):
“Die typische Erscheinung einer ungeschlechtlichen Frau, die man heute oft auf unseren Straßen findet. Man nimmt keine Kenntnis von ihnen, und sie selbst nehmen auch wenig zur Kenntnis.”

Es war schier nicht denkbar, dass eine Frau 50+ noch attraktiv, verführerisch, männer- und sexorientiert sein konnte. Mit dieser Grundannahme begann ein lukratives Geschäft für die Pharmaindustrie.

Östrogen aus Pferdeurin
Geschichte der Hormontherpie belegt einen großen Irrtum
Foto: Shutterstock

Das erste Ersatz-Östrogen wurde aus Stutenurin gewonnen und kam in den USA als Premarin bereits 1949 auf den Markt. Diese Östrogenpille galt zunächst als der Jungbrunnen schlechthin. Schön und jung sollte sie die Frau erhalten, Alterskrankheiten verhindern, Herz- und Kreislauf gesund erhalten, Demenz verhindern und die Lebensqualität bis ins hohe Alter sichern. Ein wahrer Run auf dieses Medikament begann, und es galt, je höher dosiert, um so besser die Wirkung.

Aber die Ernüchterung folgte schon bald: Unabhängige Studien, welche die positiven Wirkungen des Premarin belegen sollten, brachten das Gegenteil ans Licht. Das hoch dosierte Östrogen erhöhte das Risiko, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken, um das vierfache. Östrogen regt das Wachstum der Gebärmutterschleimhaut an. Bei Überstimulation kann es zu regelrechten Wucherungen und krankhaften Veränderungen kommen.

Ein Gegenspieler musste her.
In der Natur hält das Gelbkörperhormon Progesteron das Östrogen in Schach, also wurde in der Medizin nach einem künstlichen Ersatz gesucht: das synthetische Gestagen/Progesteron. In der Folge wurde in der therapeutischen Anwendung Östrogen mit Progesteron kombiniert und damit die Gefahr für die Gebärmutterschleimhaut gesenkt.

Große Studie über Wirksamkeit der Hormontherapie

Aber die Geschichte der Hormontherapie ging bald wieder in die andere Richtung. Schon kam der nächste Wermutstropfen. Eine sehr umfangreiche, unabhängige Studie mit tausenden von Frauen (2002, WHI – World Health Initiative in den USA) belegten den Zusammenhang von Östrogen-Zugaben und einem erhöhten Brustkrebs-Risiko. Östrogen stimuliert das Wachstum von Brustgewebe. Das synthetische Progesteron konnte zwar die Gebärmutter, nicht aber die Brust von möglichen Gewebewucherungen schützen. Der zweite vernichtende Schlag kam mit weiteren Studien, die belegten, dass die Östrogeneinnahme (egal ob mit oder ohne zusätzliches Progesteron) die viel gepriesene positive Wirkung auf Herz- und Kreislaufsystem nicht nur nicht hatte, sondern zudem in den ersten Jahren der Einnahme das Risiko für Herzkrankheiten sogar erhöhte.

Allein die positive Wirkung auf die Knochendichte und in der Verhinderung von Osteoporose blieb bestehen.

Die Wirkung des Östrogens wurde neu durchdacht. Das aus dem Stutenurin gewonnene Östrogen war dem menschlichen zwar ähnlich, aber nicht identisch. Der Abbauprozess lief nicht so optimal wie angenommen, und viele Abbaustoffe führten im weiblichen Organismus zu Belastungen und Nebenwirkungen. Das leistete der weiteren Forschung an verträglicheren Hormonformen Vorschub.

In der Folge wurden pflanzliche Hormone (aus Soja und Yams) synthetisiert und den menschlichen nachgebaut. Es entstanden die sogenannten bio-identischen Hormone, die den natürlich im weiblichen Körper vorkommenden ähnlicher sind als die aus Stutenurin gewonnenen und darum der weiblichen Bio-Chemie besser entsprechen; d.h. sie docken besser an den Hormonrezeptoren im Körper an, werden also leichter umgesetzt und können damit auch niedriger dosiert werden. Frei schwebende übrige Hormone und Nebenstoffe aus Abbauprozessen werden damit deutlich gesenkt. Das führt zu weniger unerwünschten Nebenwirkungen, die Vorteile des natürlichen Östrogens dagegen sollen besser nachgebildet werden.

Schon jetzt erwartet man eine deutlich bessere Verträglichkeit und ein geringes gesundheitliches Risiko beim Einsatz dieser bio-identischen Hormone. Auf die Langzeitstudien müssen wir allerdings noch warten.